ein Gastbeitrag von Hannes Bräu

Es gibt viele Ereignisse im Rahmen einer Schülerkarriere, an die man sich nicht mehr wirklich erinnert oder erinnern will: Das erste Mal beim Nachsitzen, der erste Verweis, die erste Strafarbeit, die erste verbale Auseinandersetzung mit einem Lehrer. Und dann gibt es die Dinge, an die man sich sehr gerne zurückdenkt: Die erste 1 in einer Prüfungsarbeit, Einschulungstermin, Schülerstreiche und vor allem die (erste?) Abschlussfahrt im Rahmen der Regelschulzeit. Auch Jahre danach werden die Geschichten über legendäre Fahrten von Ex-Schülerinnen und -Schülern regelmäßig erzählt. Vielleicht gibt es auch die ein oder andere “Beichte” gegenüber der verantwortlichen Lehrkraft beim nächsten Klassentreffen: Unerlaubter Alkoholkonsum, “durchgemachte” Nächte, heimliche Verabredungen am Strand. Alles halb so wild – solange nichts passiert. Frei nach dem Prinzip: “Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.”

Die ersten beiden vollen Schulwochen standen auch an der Realschule im Blauen Land ganz im Zeichen der Abschlussfahrten unserer 10. Klassen. Vier Mal ging es Richtung Süden. Vier Mal nach Kroatien. Warum? Warum gleich drei Mal ins legendäre Bi-Village bei Fazana? Gleich zwei Bungalows hatten hier eine Woche lang kein warmes Wasser, teilweise Stromausfall und einen kaputten Kühlschrank. Und das alles bei 10 Grad in der Nacht. Herbstlich. Aber darum geht es bei der Abschlussfahrt gar nicht. Kein Schüler sucht Ruhe, Luxus oder Entspannung. Gerade die Bungalows garantieren etwas Unabhängigkeit. Kaum sind die Lehrer im Bett, geht es eine Stunde später wieder los. Alles in gemäßigter Lautstärke, ohne dass es einen im Bi-Village stören würde. Die Ferienanlage hat auf ihrer Hausordnung nicht einmal nächtliche Ruhezeiten angegeben. Perfekt!

Dass viele unserer Klassen gerne als Selbstversorger nach Kroatien reisen, passt auch irgendwie ins pädagogische Konzept unserer Schule. Handeln ist da die Maxime. Von Selbstständigkeit ist da die Rede. Die anfängliche Skepsis, die Schüler könnten gar “verhungern”, verflog schnell. Spätestens als die ersten Bungalows uns – die Lehrer – zum Essen einluden, war uns klar: Nie wieder All-Inklusive! Den kulinarischen Höhepunkt lieferte ein “Koch-Battle” zwischen zwei Bungalows. Vier Lehrkräfte, ein Busfahrer, zwei Schüler als Köche und ein Gericht. Punkte sollten über den Sieger entscheiden. Es gab keine traurigen Gesichter. Am Ende waren alle satt und zumindest einer – der Gewinner – richtig stolz.

Und dann sind da noch die Reiseanbieter. Jeder Kollege hat so seinen eigenen Favoriten. Die Anzahl der Anbieter kann man mit einem Blick auf den Busparkplatz des Bi-Villages erahnen. 18 Klassen reisten am selben Tag an. Ausnahmezustand. Das Gelände an sich ist aber so groß, dass du zwar vor allem gegen Abend/Nacht unzählige Schüler unterschiedlicher Schularten und Bundesländer antriffst, aber am Tag kaum etwas davon bemerkst. Aber wehe, das Wetter spielt einfach mal nicht mit. Statt Sonnenschein Wind und Regen. Nicht so selten in Kroatien, aber meist nur von kurzer Dauer. In diesem Jahr hatte unsere Schule aber einfach nur Pech. Die geplante Kajaktour fiel ins Wasser. Regen und Sturm machte uns einen Strich durch die Rechnung. Jetzt kommt es auf den Reiseanbieter an. Alternativen? Nur keine Langeweile aufkommen lassen. Nach unzähligen Anrufen, die sich wohl auch in der Handyrechnung bemerkbar machen werden, hatte man Klarheit: Aquapark statt Kajak. Ein guter Kompromiss und einer, der den letzten offiziellen Tag der Abschlussfahrt bestens abrundete.

Zu guter Letzt ist da noch der Bus oder besser: Der Busfahrer. In einem Bus mit 50 Sitzen zu fahren und darin 25 Kinder zu kutschieren, ist angenehmer als bis auf den letzten Platz alles besetzt zu haben. Wenn dann noch der Busfahrer motiviert ist, Ortskenntnis besitzt und Einheimische kennt (“Koa Problem, i kenn an Douni und sag ihm Bescheid, dass wir morgen komma.”), der hat einen Sechser im Lotto erwischt. Idealer geht es nicht.

Den Schülerinnen und Schüler werden das alles nur am Rande mitbekommen. Was ihnen am Ende in Erinnerung bleibt, bleibt aber auch en Lehrkräften verborgen – im besten Fall erfährt man etwas so am Rande wie mit Aussagen “Ich bin am Strand, treffe da jemanden und bin um Punkt 12 wieder da”. Aha. Alles klar. Ratschläge von Lehrkräften? Bloß nicht! Ein wenig Schüler-Anarchie muss dann schon sein. Eigene Erfahrungen machen, ein mündiger Bürger sein – auch Abschlussfahrten tragen dazu bei, gerade weil sie vielen Schülerinnen und Schülern am Ende so positiv in Erinnerung bleiben.

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