Es war eine Premiere bei uns an der Schule: Statt auf das traditionelle, kommunale Projekt “U18-Wahl” zurückzugreifen, das man in Murnau bereits drei Mal erfolgreich durchgezogen hatte, nahm die Realschule im Blauen Land erstmals an der Juniorwahl teil. Ein landesweites Projekt, das größte und durchaus ältestes in der Bundesrepublik Deutschland. Seit Ende der 1990er Jahre wird bei der Juniorwahl abgestimmt. Auch der bayerische Landtag bewirbt das Event und wirbt mit Millionen SchülerInnen, die teilnehmen. “Wir wollten einfach mal etwas anderes ausprobieren”, gesteht Organisator Hannes Bräu, Lehrer an der RS Murnau. Man habe anderes Begleitmaterial, eine andere Herangehensweise. In der Tat läuft die Juniorwahl anders ab. Die SchülerInnen bekommen den echten Wahlvorschlag mit allen Vorschlägen zur Zweitstimme und mit allen Kandidaten und Namen. Bei der U18-Wahl war nur die Zweitstimme ausschlaggebend. Einer, aber auch weniger aussagekräftig.

Im Prinzip mussten die SchülerInnen im Vorfeld auch eine Wahlbenachrichtigung erhalten. “Auf das haben wir verzichtet. Es wäre einfach zu aufwendig gewesen”, erklärt Organisator Bräu. Über 330 SchülerInnen nahmen von der 7. bis zur 10. Klasse teil. Im Vorfeld wurden die Klassenleiter angehalten, eine Vorbereitungsstunde zum Thema Wahlen zu machen, um die Kinder vorzubereiten. Ein bewährtes Konzept.

Am Wahltag an sich kamen die Klassen nach einem Zeitplan zum Wahlbüro, der Mensa, um ihre Stimme abzugeben. Wer nicht wollte, blieb im Klassenzimmer. Die 10. Klassen durften ihre Stimme in der Pause selbstständig abgeben.

Die Ergebnisse für die Realschule im Blauen Land im Detail:

Grafische Darstellung der Ergebnisse bei Zusammenzählung von Erst- und Zweitstimme

Massive Wählerverschiebungen im Blauen Land

Bei der Analyse der Ergebnisse kommt es tatsächlich zu einigen Überraschungen. In der Staffelseeregion hat sich einiges getan und vielleicht kann man den Ausgang der Wahl ein wenig mit dem aktuellen Trend, hin zu mehr Konservatismus, auch rechts der Mitte, verstehen. Zum Vergleich: Bei der U18-Wahl 2021 wurden die GRÜNEN noch klar stärkste Partei vor der CSU. Freie Wähler und AfD kamen zusammen auf keine 10 % der Stimmen. Nur eine Randnotiz. Und jetzt? Bei der Erst- und Zweitstimme wird die AfD zweitstärkste Kraft. Auch die Freien Wähler legen zu. Die GRÜNEN hingegen verlieren am meisten Stimmen.

Entwicklung kaum zu erklären

Woher diese Veränderungen? Richtig erklären lässt sich diese Entwicklung nicht. SchülerInnen neigen dazu, gerne dem “Außenseiter” ihre Stimme zu geben. Man wählt kein Establishment – keine CSU, dann lieber grün oder neuerdings auch rechtsaußen. Ob sich alle, die für diese politische Richtung gestimmt haben, bewusst sind, was hier gewählt wird, darf durchaus bezweifelt werden. Vielleicht ist es ein Zeichen des Protests? Vielleicht einfach nur eine Laune? Oder ein wirklicher Trend für die kommenden Jahre? Letzteres darf auch bezweifelt werden.

Wahlen Minderjähriger sind keine Zukunftsprophezeiung

Schon Anfang 2022 haben wir die Frage aufgestellt, ob Wahlen Minderjähriger zukünftige Wahlergebnisse vorhersagen. Mit Blick auf die Wahlen von 2021 können wir jetzt mit Sicherheit sagen: NEIN! Nichts ist mehr sicher. Alles scheint möglich. Angesichts der vielen Krisen, den finanziellen und psychischen Belastungen, denen unsere Gesellschaft ausgeliefert ist, könnte sich der Trend noch weiter verschärfen. Wir blicken jetzt schon gespannt auf die nächsten Wahlen: 2025 – dann wird ein neuer Bundestag gewählt.

Anbei die Ergebnisse der Juniorwahl für Bayern mit mehr als 200 000 Wahlbeteiligten:

(Kilian Rauch)

Fotogalerie: Juniorwahl am 6.10.2023

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