14 neue Lehrkräfte konnten wir heuer an der Realschule im Blauen Land begrüßen. Darunter war nur ein Mann: Herr Ruf. Ein Gespräch über Schule, Digitalisierung, fehlende Lehrer und nervige Schüler.

blogimblauenland.de Erläuter sie uns den Anfang ihrer Lehrerkarriere bis zur Realschule im Blauen Land.

Herr Ruf : Ich hab zwei Jahre Refenderiat gemacht, davon ein Jahr in Oberfranken in Ebach, war dann ein Jahr in Penzberg und bin dann weitere fünf Jahre als angestellter Lehrer in Penzberg gewesen, jeweils mit einem Jahresvertrag und bin dann verbeamtet worden und bin dann in Unterschleißheim an die Realschule gekommen. Dort habe ich einen Versetzungsantrag gestellt und bin dann hier gelandet – zu meinem Glück!

blogimblauenland.de: Darüber sind wir auch sehr froh. Schüler können richtig nervig sein. Beschreiben sie doch mal einen richtig nervigen Schüler aus ihrer Sicht.

Herr Ruf: Ja, nervig ist immer so eine Frage von der eigenen Laune, wenn man mit dem falschen Fuß aufgestanden und sowieso schon komplett überfordert ist, können Schüler schnell nervig sein, aber so ein richtig nerviger Schüler, auch wenn man gut gelaunt ist, ist ein Schüler, der alles besser weiß, und der/die glaubt, nicht in die Schule gehen zu müssen, und es nicht nötig hat, und das nicht braucht, und dann macht er/sie einfach die ganze Zeit Quatsch, redet mit dem Nachbarn, ruft rein, schreit rein, hält sich an keine Regeln, und keinen Respekt zeigt nicht, nur mir sondern auch den Mitschülern gegenüber.

Herr Ruf im Interview mit unserem Blogger Dominic auf der Dachterasse unserer Schule

blogimblauenland: In der Schule fällt auf, dass es kaum mehr männliche Lehrer gibt. Woran liegt das?

Herr Ruf: Ich weiß nicht, woran es liegt, weil es eigentlich ist es ein toller Beruf er ist. Oft auch sehr anstrengend. Was vielleicht ein kleines Problem ist, dass die Karriereleiter schnell vorbei ist. Ich kann maximal noch Schulleiter werden, aber dann ist es vorbei und gleichzeitig als Lehrer allgemein stark an den Staat gebunden bin und sich da auch nicht selbstständig machen kann. Das ist vielleicht auch nochmal eine Hürde. Was für Frauen vielleicht gut machbar ist, ist, dass die Familienvereinbarkeit wahnsinnig hoch ist, also die Teilzeitmöglichkeiten für Frauen letztlich auch für Väter sind durchaus gegeben. Deshalb sind wir an der Realschule auch überproportional Frauen.

blogimblauenLand.de: Hand auf’s Herz: Wo liegen ihre Stärken und Schwächen als Lehrer?

Herr Ruf: Die Schwächen sind, dass ich die Schüler/Schülerinen zu schnell abwürge und dann einfach mal mit einem kurzen “nein” antworte und mir dann erst zwei Minuten später denke: Vielleicht war da doch was dran und da glaube ich, da kann man noch dran arbeiten und Stärken…sollen andere beurteilen (er grinst).

Ich kann maximal noch Schulleiter werden, aber dann ist es vorbei und gleichzeitig als Lehrer allgemein stark an den Staat gebunden bin und sich da auch nicht selbstständig machen kann.”

Herr Ruf über die Ursachen des Lehrermangels

blogimblauenland.de: 5. oder doch lieber 10. Klasse?

Herr Ruf: Schwere Frage. Mit den 5. Klassen kann man viel spielerischer umgehen, da ist es viel pädagogischer ist und bei den 10. Klassen kann man mehr Humor anwenden, da schlägt der Schwarze Humor manchmal durch. Beides hat Vor- und Nachteile.

blogimblauenland.de: Wie stellen sie sich einen modernen digitalen Unterricht vor?

Herr Ruf: Das weiß ich auch nicht so genau. Ich habe letztes Jahr an meiner alten Schule, an der ich davor war, sehr viel mit einem Whiteboard gearbeitet und konnte das Whiteboard mit dem Laptop verbinden. Das heißt, ich konnte vom Klassenzimmer aus von meinem Tablet den Schülern was auf die Tafel schmeißen. Doch man kann sich nie auf die Technik verlassen. Es wäre schön, wenn die Technik bei uns mal funktionieren würde, aber im Großen und Ganzen funktioniert es hier an der Schule ganz gut. Die Technik kann uns helfen, aber lernen müssen wir selber. Das heißt auch, dass das Lernen an sich nicht von der Digitalisierung abhängig ist, sondern von vielen anderen Faktoren.

blogimblauenland.de: Wir haben es im Lockdown mit mebis erfahren. Vieles war schön aufbereitet, aber vieles ist im Vergleich zum Präsenzunterricht wieder verloren gegangen.

Herr Ruf: An diesem Beispiel merkt man, dass alles noch so schön technisch aufbereitet sein kann – wenn wir nicht im Unterricht sitzen und ab und an die Motivation des Lehrers bekommen, dann scheitert das. Das hängt nicht von den Medien ab, ob ich noch eine Powerpoint oder eine interaktive Übung habe, sondern von der Lehrerpersönlichkeit und auch der Klasse.

Gut vorbereitet war unser Blogger, aber er bekam auch gute Antworten.

blogimblauenland.de: Corona stellt alle vor große Herausforderungen. Haben sie den Eindruck, dass sich alle Schülerinnen und Schüler an die Regeln halten?

Herr Ruf: Im Großen und Ganzen ja. Manchmal gibt es immer wieder kleine Verstöße. Essen, Trinken und währenddessen Reden ist so ein Problem. Aber ich halte das für normal, solange es nicht zehn Mal hintereinander passiert. Dafür, dass wir noch gar nicht so lange “Maskenerfahrung” im Unterricht haben, läuft das eigentlich recht gut. Ein großes Lob geht an dieser Stelle an die Schülerinnen und Schüler.

blogimblauenland.de: Können Sie sich vorstellen, in Zukunft auch etwas anderes zu machen als Lehrer. Wenn ja, was?

Herr Ruf: Ich kann mir das nicht mehr vorstellen. Als Beamter bin ich schon sehr an meinen Beruf gebunden. Allgemein hätte ich mir das aber sehr gut vorstellen können – vor allem in der Zeit, als ich als Lehrer mit einem Angestellenvertrag unterwegs war. Da war dann alles als Option dabei: Vom Landschaftsgärtner, über Schreiner und Coaching/Beratung wäre viel möglich gewesen, aber jetzt ist das vorbei.

blogimblauenland.de: Vielen Dank Herr Ruf für dieses offene und ehrliche Interview.

(Dominic Dechant)

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