Es passiert nicht so oft, dass Schülerinnen und Schüler von hohen Amtspersonen offiziell ins Rathaus eingeladen werden, es sei denn, es ist wichtig, dringend, unaufschiebbar. Im Fall der Marktgemeinde Murnau stellte es sich am Freitag, den 14.11.2025, anders da. In der Woche zuvor wurde der Besuch von 12 SchülerInnen im Rathaus akribisch geplant. Bürgermeister Rolf Beuting lud für eine Sitzung ein. Natürlich nicht einfach so, aber es geschah alles auf Initiative der Marktgemeinde.

Der Hintergrund: Im Schuljahr 2024/25 veranstalteten Sozialarbeiter David Kümmel und Lehrer Hannes Bräu in der damaligen 9a die sogenannte Zukunftsnacht. Eine Nacht lang bauten die SchülerInnen der Klasse ihre eigenen Welten über „Minetest“ (ähnlich Minecraft), um anschließend ihre Projekte, Zukunftsvisionen vorzustellen. Alles Utopie. Absichtlich. Und doch steckt ein wenig Realität dahinter. In einem ersten Nachgespräch zur Zukunftsnacht im Mai diesen Jahres konnten die SchülerInnen ihre Projekte vorstellen und bereits reale Probleme der Marktgemeinde Murnau ansprechen.

Der zweite Gesprächstermin wurde nun wirklich vom Murnauer Rathaus initiiert. Mit dabei: Ausgewählte SchülerInnen der 10a, die sich im Vorfeld bereits mit bestimmten jugendrelevanten Themen beschäftigt hatten und diese nun in 90 Minuten persönlich dem Bürgermeister vor Ort, genauer: im Sitzungssaal des Rathauses, vortragen durften. Am Ende wurden bereits Termine mit den Jugendlichen ausgemacht, um bestimmte Projekte weiter zu diskutieren. Wir geben euch einen Überblick zu den verschiedenen Tagesordnungspunkten.

Bürgermeister Rolf Beuting (rechts) mit Gemeindejugendpfleger Bernhard Ulrich im Gespräch mit den Jugendlichen Foto: Bräu

Abgegrenzte Bereiche für Jugendliche

Bürgermeister Beuting sah darin eine Fortsetzung des „Future“-Baus im Rahmen der Zukunftsnacht. „Diese Atmosphäre hat die Vorstellungen gut beschrieben.“ Er könne sich vorstellen, in der „Bucht“ am Staffelsee einen Extra-Bereich für Jugendliche auszuweisen mit Abschnitten, in denen man sitzen könne. Bernhard Ulrich, Gemeindejugendpfleger, schlug gleich mal einen Vor-Ort-Termin evtl. mit der vom Markt angestellten Streetworkerin vor. Auch ein Tagesworkshop mit Jugendlichen sei für eine Ideenfindung möglich.

Mehr öffentliche Mülleimer (digitalisiert)

Gerade von den SchülerInnen kam der Vorschlag, an jeder Schule einige öffentliche Mülleimer zu platzieren. Es seien generell zu wenige, um dem Müll von mehr als 2000 SchülerInnen an den weiterführenden Schulen gerecht zu werden. Auch Beuting erkennt das Problem, auch weil er selber Anlieger sei. „Generell finde es super, dass ihr das thematisiert. Von der jungen Generation wird eher angenommen, dass ihr Müll egal sei, dass ihr Saubären wäret.“ Die Marktgemeinde bemühe sich in Zukunft darum, möglichst mehr Mülleimer aufzustellen und auch Lösungen zu finden, bei denen man sich melden kann, wenn mal einer voll wäre. Aus den Reihen der SchülerInnen kamen auch QR-Codes als Vorschlag. Mülleimer, die sich automatisch melden, wenn sie eine gewisse Kapazitäten erreicht haben, seien aber in Sachen Kosten einfach nicht zu stemmen. „Dafür müsste man die ganze Infrastruktur aufbauen inkl. Funkmasten, Internet usw.“

Sicherheit am Bahnhof

Das Thema Sicherheit am Murnauer Bahnhof wurde gleich nach der ersten Besprechung mit der Zukunftsnacht wieder aufgegriffen. Bürgermeister Beuting versprach, dass das Thema schon auf der Agenda stehe und damit auch im Haushalt 2026. Die geplante Videoüberwachung koste rund 15 000 € und würde einige Probleme beheben.

Aufrichtiges Interesse und Motivation im Rathaus Foto: Bräu

Ort der Jugendarbeit

Bereits im Mai 2025 wurde von den Jugendlichen bemerkt, dass das Erlhaus als „Jugendhaus“ zu abgelegen liege und zu wenige Jugendliche erreiche bzw. ihnen zur Verfügung stehe. Dabei waren im Rathaus die Schüler der Meinung, dass die Jugendarbeit dort hinkommen solle, wo sie auch viel Zeit verbringen, z.B. an der Schule oder auch an Orten der Vereine. Am Ende gehe es aber auch darum, das „Erlhaus“ ein wenig bekannter zu machen. So regte ein Schüler in der Sitzung an, vielleicht einen Wandertag der Schule ans Erlhaus zu organisieren, um den Bekanntheitsgrad zu steigern, denn „es sollte schon klar sein, dass es ein wenig Luxus ist, dass uns so etwas die Gemeinde zur Verfügung stelle“.

Ü16-Club

Die Idee für einen eigenen Club ist vor allem eine Folge der wenigen Möglichkeiten im Markt Murnau, sich an öffentlichen Orten zu treffen und auch zu feiern. „Wenn mal was los ist, kommt die Polizei.“ Die Zielgruppe für so einen Club wäre zwischen 16 und 18 Jahren. Bisher laufe alles über die Gastronomie und auch da fehle es an Ansprechpartnern. Bernhard Ulrich brachte die Idee ein, gerade mit den Betreibern der Westtorhalle zu sprechen, die offen wären für derartige Initiativen. Ziel wäre es vielleicht auch, dass man für eine bestimmte Summe eine Location mieten könne. „Wir müssen zu den Leuten gehen“, betonte Ulrich.

Ohne Zensur: Alles wurde angesprochen und auch alles gehört Foto: Bräu

E-Scooter

Um hier Angebote zu schaffen, komme nur ein externer Dienstleister in Frage, wie Beuting erklärt. Der Platz wäre da, aber er wisse nicht, ob Murnau als kleiner Markt für E-Scooter-Anbieter überhaupt attraktiv sei. Eine Schülerin überraschte ihn dann mit der Aussage, sie habe sich schon genauer informiert und es gebe durchaus Anbieter, die im Ort an 20-30 Stellen feste Abgabe- und Abnahmestellung für die Scooter definieren könnten. Das sei auch für Kommunen unter 20 000 Einwohner möglich.

Soccerkäfig

Die Idee sei sehr, sehr gut, aber der Weg dahin auch „sehr, sehr lang“, wie Ulrich erklärte. Schon die Suche nach einem geeigneten Platz sei schwierig. Man favorisiere eine Rasenfläche am Mittelschulplatz und müsse aber generell schauen, ob der Platz auch wirklich groß genug sei. Eine weitere Option sei der „Kemmelpark“, allein schon wegen Lärm und Umgebung. Gerade Beuting betonte, dass das Problem Lärm durch eine Lärmschutzwand durchaus in den Griff zu bekommen sei. „Wir müssen weiterarbeiten und dranbleiben.“ Die Notwendigkeit für so einen „Käfig“ sehe er auch, weil es kaum öffentliche Plätze gebe in Murnau, um Fußball zu spielen und das TSV-Gelände schon zu wenig Platz für die Vereinsspieler biete.

Angenehme Gesprächsatmosphäre im Murnauer Rathaus Foto: Bräu

Portal für „Minijobs“ für Jugendliche im Markt

Gerade dieser Vorschlag von den Zehntklässlern wurde wohlwollend aufgenommen und Bürgermeister Beuting sprach davon, diese Idee gleich in den Wirtschaftsausschuss einzubringen. Die Idee dahinter sei, dass Jugendliche gezielt nach Jobs suchen könnten – entweder in den Ferien, am Wochenende etc. – und die Arbeitgeber auch leichter Personal finden. „Bisher musste man einfach planlos bei den Läden anfragen oder hatte schon Kontakte“, beschrieb ein Schüler die Lage.

Der Markt Murnau meint es ernst mit der „kinderfreundlichen Kommune“

Die Jugendlichen fühlten sich bei allen Gesprächsthemen ernstgenommen und waren selber gewillt, sich einzubringen. Ein großer Erfolg, wie wir finden. Wenn sich am Ende vielleicht nur eines der obigen Themen in die politische Realität umsetzen lasse, wäre das sicherlich ein Zeichen für die Jugendlichen und auch ein Zeichen, dass der Markt Murnau, der sich mit dem Etikett „Kinderfreundliche Kommune“ schmückt, auch wirklich so eine sein will. Der Aktionsplan, den Ulrich vorstellte, geht dabei in die richtige Richtung. Wir sind auf alle Fälle gespannt, wie es weitergeht.

(Hannes Bräu)