von André Nick Geiger (Text) und Hannes Bräu (Fotos)
Um 9.30 Uhr begann für die Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen eine Geschichtsstunde der besonderen Art. Der Holocaust-Überlebende Abba Naor, der gebürtig aus Litauen (Kaunas) stammt, berichtete drei Schulstunden ausführlichst über das Leben in einem Arbeitslager und die schrecklichen Erlebnisse und Erfahrungen dort. Er betonte, dass er zwar nur ein kleines Stück aus seiner schrecklichen Vergangenheit berichtet, dies aber dennoch für Schüler der 9. Klasse bedeutend sein könnte. Litauen ist ein streng katholisches Land, in dem viele verschiedene Völker zusammenlebten. Als sich im Jahre 1933 Europa beunruhigt, übernehmen daraufhin Nazis die Macht. Es werden jüdische Synagogen zerstört.
1939: Deutschland überfällt Polen – der 2. Weltkrieg beginnt
Als 1939 Deutschland und Russland in Polen einmarschierten, besetzte die Sowjetunion Estland, Lettland und Litauen. Dies machte dem Volk schwer zu schaffen. 1941 wurde Litauen bombadiert. Der heute 90-jährige Zeitzeuge hat drei Brüder, mit der er die Stadt Kaunas verlassen musste. Nach dem dort herrschenden Krieg blieben von 60.000 Kindern in Litauen nur noch 10.000 übrig. Ein schrecklicher Zustand, denn nur ein paar wenigen Kindern konnte wirklich geholfen werden. Naor und seine Familie erreichen die Hauptstadt Litauens, Vilnius, wo sie erste Wehrmachtsoldaten trafen. Der Transport nach Kaunas ist für damalige Verhältnisse sehr teuer. Abba Naor wurde bei einer Familie im Dorf aufgenommen und war sehr erfreut, nicht die Schule besuchen zu müssen. Er musste wie viele andere Jugendliche in dem Alter auch, zur Arbeit gehen und Geld verdienen.
1942: Aus Gettos werden Konzentrationslager
1942 wurden Vernichtungslager errichtet. Das Volk wurde mit einer vordefinierten Geste in “Zwei Gruppen” eingeteilt. Zeigte der Daumen nach links, hatten sie Glück und wurden verschont. Zeigte der Daumen nach rechts, bedeutete dies nichts Gutes. Sie wurden zum Tode verurteilt. Einige Jahre später wurde eine Schule wiedereröffnet. Die Gettos wurden in Konzentrationslager umgewandelt und Leute, die z.B. beim Einkaufen erwischt wurden, sind öffentlich hingerichtet worden. Die gefundenen Leichen wurden anschließend nach Ausschwitz transportiert. Um nur eine Zahl zu nennen: Es gab 1,5 Millionen jüdische Kinder. Naor wagt einen stimmigen Vergleich mit Syrien. Erschreckend ist zunehmend, dass ein Feldwebel namens Anton Schmid sterben musste, weil er anderen Kindern das Leben rettete.
Überleben war das einzige Ziel
Der Zeitzeuge rundete die Veranstaltung ab, indem er den Schülern das Leben in dem Vernichtungslager Stutthof anhand des täglichen Ablaufes und die Folgen von kleineren “Straftaten” näher bringt und erklärt, dass ein großer, kräftiger Mann, der viel Nahrung zu sich nimmt, eher stirbt als einer, der damit gelernt hat, zu bestimmten Tageszeiten immer die gleiche Menge zu essen. Jeder Gefangene wurde entkleidet und musste sich strengen Benimmregeln unterziehen. Jeden Tag derselbe monotone Ablauf, Monat für Monat und Jahr für Jahr.
Naor beantwortet aufgeschlossen jede Frage aus dem Publikum
Abschließend hatte jeder Schüler und Lehrer die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Einige Fragen stachen besonders heraus. Lehrerin Zuber bewundert den Überlebenden für seinen Mut und Stärke, sein Erlebtes an jüngere Generationen weiterzugeben. Er habe gelernt, mit Hass zu leben, was ihn allerdings die Frage aufkommen lässt: “Soll ich den Hass an meine Nachfolger weitergeben oder nicht?” Auch die interessierten 9. Klässer brachten dem Überlebenden stets Anteilnahme und Respekt gegenüber. Er wollte nicht sterben. Das war sein größter Wunsch, den er heute noch Schülerinnen und Schülern stolz näher bringen kann. Drei Monate nach der Befreiung konnte Naor seinen geliebten Vater wieder in die Arme schließen. Er lockerte den Vortrag auf, indem er lustige Antworten auf Schülerfragen gab. Er hat ein Buch geschrieben “Ich sang für die SS”, wo er den Weg vom Getto bis zum israelischen Geheimdienst beschreibt. Lehrer Hannes Bräu möchte auf die Frage, wie er das Problem mit den antisemitischen Texten im Rahmen der Echo-Verleihung beurteile, seine ehrliche Meinung wissen. “Es ist nicht mein Problem”, betonte er. “Jeder Mensch soll ein Mensch sein und ein Recht auf Leben haben”, fährt er fort.
Schulleiter beeindruckt – Spende übergeben
Dieser Mann, und da ist sich nicht nur Schüler Sebastian Mock (9a) einig, stellt in vieler Hinsicht eine bessere Alternative zum Geschichtsunterricht dar, sondern lässt Geschichtslehrer und Schüler an seinem Leben und Erfahrungen teilhaben. Vielen Dank dafür im Namen aller 9. Klassen und der Fachschaft Geschichte. Als Ehre überreichte ihm Schulleiter Havelka, der den Vortrag tief beeindruckend empfand, eine Spende im Wert von 200 €. Hoffentlich können auch in den nächsten Jahren, Schüler für den Geschichtsunterricht durch Zeitzeugen wie Abba Naor begeistert werden. Ačiu!
Ich mag den Beitrag, er interessiert mich sehr und ich würde gerne mehr wissen über den 2. Weltkrieg. Ich würde gerne auch mal da sitzen und zuhören.
Ich mag den Beitrag, er interessiert mich sehr und ich würde gerne mehr wissen über den 2. Weltkrieg. Ich würde gerne auch mal da sitzen und zuhören.