Man muss schon genau auf das Cover von “The Economist” hinsehen, um die versteckte Symbolik zu erkennen. Die zerfetzte Fahne, der aufziehende Sturm. Noch nie haben sich so viele Medien vor einer US-Präsidentschaftswahl so eindeutig festgelegt. Und es wurde eine Schlacht. So und nicht anders kann man die Ereignisse in den vergangenen Tagen beschreiben. In Deutschland scheinen derartige Wahlen, mit so viel Event, mit so viel Spannung und am Ende natürlich mit einem amtierenden Präsidenten, der seine Niederlage nicht einsehen will, nicht möglich zu sein.

Was die Vereinigten Staaten allerdings auch nach dem Sieg von Joe Biden ausmachen wird, ist eine Spaltung quer durch alle Gesellschaftsschichten, für die vor allem eine Person in den vergangenen vier Jahren verantwortlich war: Donald Trump. Wir würden an dieser Stelle auch gerne die Republikaner als Partei nennen, allerdings würde das nicht dem Großteil der republikanischen Wähler gerecht werden. Wer wissen will, warum am Ende doch noch ca. 71 Millionen Menschen einen Antidemokraten im Weißen Haus als zukünftigen Präsidenten haben wollten, der muss sich nur die herausragende Dokumentation “Trump, meine amerikanischen Familie und ich” ansehen, in der Ingo Zamperoni, ein ehemaliger USA-Korrespondent, mit einer Amerikanerin verheiratet und mit viel Verwandtschaft in den Staaten, eine Reise durch sein zweites Heimatland unternimmt:

War es jetzt ein enger Sieg?

Allein diese Frage zu stellen, wäre wohl im Lager der Republikaner ein ketzerischer Versuch, die Vormachtstellung Donald Trumps anzuzweifeln. Die Versuche des Noch-Amtsinhabers, die Wahl Bidens zum US-Präsident, als Wahlfälschung darzustellen, haben aber schon Auswirkungen. Das Narrativ über den Ausgang der US-Wahl ist klar: Biden hat nur knapp gewonnen. Eine enge Kiste. Stimmt das aber?

Ein Blick auf die Zahlen und noch vor dem Ende der Auszählung aller Stimmen zeigt deutlich: Noch nie hat ein US-Präsident mehr Stimmen auf sich vereinigen können. Bisher sind es ca. 76 Millionen. Fünf Millionen mehr als der Herausforderer. Würde die Präsidentschaftswahl eine Direktwahl sein – Biden hätte sehr klar gewonnen. Und auch bei den Wahlmännerstimmen wird Biden wohl mehr als 300 hinter sich versammeln können. Ähnlich viele wie Trump 2016. Hier sprach die Presse aber gerne von einem “Erdrutschsieg”. Auch noch, als Staaten wie Wisconsin, die Biden mit ein paar tausend Stimmen für sich entschied, vor vier Jahren noch genau so knapp an Trump gingen. Fest steht: Biden hat die Wahl sehr wohl klar und deutlich gewonnen. Der Wille der Wähler zählt. Und genau die sind es, die diesen historischen Urnengang entschieden haben (nicht die Gerichte, wie es Trumps Anhänger gerne haben würden).

Welch emotionale Bedeutung der Ausgang der US-Wahl für viele Amerikaner aber auch für Menschen weltweit hatte, bringt am besten der Kommentar eines CNN-Moderators auf den Punkt:

(Hannes Bräu)

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