Seit dem Reaktorunfall 2011 in Fukushima orderte Deutschland an, bis 2022 alle Atom- oder Kernkraftwerke abzuschaffen. Doch ist dieser Schritt sinnvoll, wenn es doch so viele Aspekte gibt, die für die Nutzung von Atomstrom sprechen? Wenn im Winter 2022/23 Blackouts drohen, Energie Mangelware ist? Nachfolgend ein paar Gedanken zur Diskussion.

Atomkraft ist umweltfreundlicher?

Zum einen ist es bewiesen, dass Atomkraft viel weniger fossile Brennstoffe wie Erdöl und Kohle ausstößt. Im Vergleich zu einem Kohlekraftwerk wird das sehr verdeutlicht, da dieses 940g Co2 pro Kilowattstunden ausstoßen und Kernkraftwerke nur 3,7 bis 110. Auch die Luftverschmutzung ist sehr gering, da Kernkraftwerke im Gegensatz zu Kohle- oder Gaskraftwerken nur Wasserdampf ausstoßen. Also aus dieser Sicht: Ein klares JA zu Atomstrom.

Sieht schön aus, ist im Kern aber radioaktiv: Ein Kernkraftwerk bei Nacht Foto: Pixabay

Man kann die Brennstäbe länger verwenden?

Um die Kraftwerke zu betreiben, benötigt man Brennstäbe, diese sind Röhren, die mit Kernbrennstoff gefüllt werden. Man bündelt die einzelnen Brennstäbe zu Brennelementen zusammen, da man sie nicht einzeln verwendet. Man kann die Brennstäbe eines Kernkraftwerkes zwischen 3 und 5 Jahre verwenden und danach werden sie fachgerecht entsorgt. Der radioaktive Abfall kommt beispielsweise von Brennstäben, die man nicht mehr verwenden kann. Diese können noch lange nach der Entsorgung radioaktiv sein (bis zu Jahrhunderte). Man muss den Abfall dann sicher lagern, doch es gibt noch keinen klaren Ort, wo man diesen sicher lagern könnte. Aktuell können sie also nicht wiederverwendet werden. Es gibt allerdings Betrebungen, dies zu ändern, um atomaren Müll zu vermeiden bzw. ihn zu recyceln. Mehr dazu gibt es in einem interessanten Artikel von Quarks.

Die Kosten für Kernkraftwerke sind überschaubar?

Kernkraftwerke sind in jeder Hinsicht kostengünstig oder die Preise sind zumindest überschaubar, da die Kosten für die Rohstoffe und der Transport, sowie die Betriebskosten im Vergleich zu Gas- oder Kohlekraftwerken wesentlich günstiger sind. D.h. aber nicht, dass sie im Vergleich zu ihren Kosten effektiv sind. Nach wie vor ist Atomstrom auch aufgrund der wenigen Effektivität teuer.

Reaktorkatastrophe in Tschernobyl und Fukushima

Mit Atom und atomarer Gefahr verbinden viele auch die Katastrophen von Tschnernobyl 1986 und Fukushima 2011. Sie haben gezeigt, dass es im Falle eines Unglücks (z.B. in Form einer technischen Störung) verherrende Folgen geben kann. Aber auch bei kleinsten Erdbeben oder Naturkatastrophen können Kernkraftwerke schon eine Gefahr darstellen, denn im Umkreis von Atomkraftwerken wird das Leben praktisch ausgelöscht, die Region unbewohnbar, auch weil die Strahlung so hoch ist.

Tschnerobyl 2022 Foto: Pixabay

Atomstrom harmoniert nicht mit erneuerbaren Energiequellen

Atomkraftwerke haben eine konstante Einspeisung, erneuerbare Energiequellen jedoch nicht. Da erneuerbare Energiequellen wie Wind-, Wasser- oder Solarenergie gewissen Schwankungen und dynamischen Energiesystemen unterliegen, harmonieren sie nicht mit Kernkraftwerken.

Kompromisse braucht das Land

Am Ende müssen wohl wieder Kompromisse helfen. Angesichts der Energiekrise darf Energie nicht zum Luxusgut werden. So wichtig die Abwendung der Klimakatastrophe ist – die Menschen werden den Wandel nur mittragen, wenn sie auch mitgenommen werden. Schon heute wächst jedes fünfte Kind in Deutschland in Armut auf (mehr dazu in einem Blogartikel), müssen viele Haushalte vor allem in Ballungsgebieten mehr als 50 Prozent ihres Einkommens für Miete und Energie bereitstellen. Je mehr sich die Situation zuspitzt, umso weniger denken die Betroffenen an das Klima, an die wirkliche Katastrophe, die uns in den nächsten Jahrzehnten droht. Ein kurzzeitiger Weiterbetrieb der Atomkraftwerke sollte Energiesicherheit bringen, was nicht heißt, dass man wieder zum Atomstrom zurückkehrt.

(Magdalena Pavel)