Jedes Jahr aufs Neue feiert ganz Bayern den Leonhardi-Ritt, auch Leonhardifahrt genannt. Festlich geschmückte Wägen, gezogen von Pferden, ziehen durch die Dörfer und Städte. Begleitet von den Marschkappellen der umliegenden Gemeinden, ist es immer wieder ein magisches Erlebnis für alle Anwesenden. Auch in Murnau sind 2023 fast 10 000 Zuschauer entlang der Strecke gewesen, um zu sehen, wie die Gläubigen zu Ehren des Heiligen Leonhard – dem Schutzpatron der landwirtschaftlichen Tiere – in ihre festlich geschmückten Wägen oder auf Pferden durch das Land ziehen. Auch an der Realschule im Blauen Land hat die Leonhardifahrt Tradition. Alle Schüler wohnen dem Umzug, an dem auch einige SchülerInnen teilnehmen, bei. Dafür entfallen fast zwei Unterrichtsstunden.

90 Minuten schulfrei für ein bisschen am Straßenrand stehen?

Ist es denn schon Ketzerei, wenn wir fragen: Ist der Besuch der Leonhardifahrt wirklich noch eine Herzensangelegenheit im Sinne des Brauchtums oder – auch bei uns an der Schule – eine eher sinnentleerte Veranstaltung, bei der man glotzt und staunt? Eine Frage, die auch auf unser Schulleben einen großen Einfluss nimmt. Für die Schüler der Realschule im Blauen Land bringt die traumhafte Parade auch eineinhalb Stunden Schulfrei mit sich. Eine Pause, die gerne gesehen wird – aus Schülersicht.

Murnauer Leonhardifahrt 2023 mit SchülerInnen der Realschule im Blauen Land Foto: Bräu

Eine uralte Tradition

Um beim Ursprung zu bleiben: Der Anlass der Feier geht auf den heiligen Leonhard zurück, der als der Patron des Viehes angesehen wird und immer häufiger mit Pferden in Verbindung gebracht wird. Leonhard lebte von 496 n. Chr. bis zum 6. November 545 n. Chr und wird seit dem 11. Jahrhundert hauptsächlich in Altbayern verehrt. Somit ist der Ritt zur Ehre des heiligen Patrons der Tiere schon seit dem Mittelalter fest mit den Wurzeln unseres Freistaates verbunden. Doch passt dieser “veraltete” Brauch noch in unsere moderne Zeit oder ist er ein verzweifelter Ruf nach der Vergangenheit, als alles besser war?

Leonhardi gehört einfach zu Bayerns kultureller Identität

Eine schwierige Frage, die sich jeder selbst beantworten sollte. Dennoch steht fest, dass dieser Ritus einem ausschlaggebenden Faktor in der bayerischen Geschichte bildet und unserer Meinung nach das Bundesland Bayern aus kultureller Sicht eindeutig hervorhebt. Kein Bundesland hat so viele arbeitsfreie Feiertage. Wir Bayern nehmen einfach alles mit. Es mag sein, dass viele Schüler diese 90 Minuten beim Leonhardi-Umzug gerne als unterrichtsfreie Zeit feiern. Am Ende haben sind wirklich alle mit einem Stück Brauchtum in Verbindung gekommen – ob sie wollten oder nicht, ob sie aufgepasst haben oder am Straßenrand nur Albernheiten austauschten. Schule hat auch eine Bildungsfunktion, die über das reine Wissen hinausgeht, die nicht messbar ist. Und wenn die SchülerInnen nach diesem Umzug sagen, dass sie den Brauch “der anderen” schätzen, wäre auch schon viel gewonnen.

Auch in den Jahren zuvor hat der Blog im Blauen Land immer mal wieder zum Thema Leonhardifahrt berichtet und dazu auch einen Podcast veröffentlicht, den ihr euch HIER anhören könnt.

Video von der Leonhardifahrt Murnau 2023

(Vreni Gilg)

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